21.11.- 30.11. Griechenland/Kreta

Rund neuneinhalb Stunden später, es wird gerade hell, kommen wir in Heraclion auf Kreta an. Wir überwinden unsere Morgenmüdigkeit und fahren rd. 6 km bis nach Knossos, das so ziemlich direkt vor den Toren von Heraclion liegt. Auf dem riesigen Parkplatz vor dem berühmten Palast von Knossos sind wir ganz alleine und genießen unser Frühstück mit extra starkem Kaffee.

 

Dann kommt wieder Kulturprogramm – denken wir jedenfalls solange, bis wir die rekonstruierten Bauten innerhalb bzw. auf den Fundamenten der alten Palastanlage sehen. Sorry – aber das erinnert uns irgendwie an Disneyland oder Filmkulissen. Wir haben in den letzten Wochen nun wirklich viele „alte Steine“ gesehen und mit ihnen auch die verschiedensten Versuche Teile zu rekonstruieren, um dem heutigen Betrachter eine Vorstellung des früheren Gebäudes zu geben. Bei allen Anlagen, die wir in Griechenland bislang besucht haben, wurde dabei – aus unserer Sicht - sehr vorsichtig und dezent vorgegangen.

 

Der englische Museumsdirektor, Ethnologe und Zeitungskorrespondent Arthur Evans, der 1900 die Anlage erwarb, anschließend ausgrub und nach seinen Vorstellungen rekonstruierte ist da etwas krasser vorgegangen. Seine recht eigenwillige Benennung der Räume (Zollhaus, Karawanserei, Badezimmer der Königin, Thronsaal) trug ihm von Seiten anderer Archäologen viel Kritik ein, da eine Befundsicherheit vorgegaukelt wird, die keinesfalls existierte. Auch die Rekonstruktionen sind in Fachkreisen höchst umstritten, da sie seine Auslegungen im wahrsten Sinn des Wortes zementierten und weitere Forschung am Objekt durch die Überbauung unmöglich machten.

 

Trotz alledem ist der Palast von Knossos ein absoluter Publikumsmagnet und wurde von Griechenland mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet. Wir sind am frühen Morgen noch fast allein in der Anlage, aber als wir gehen, kommen uns die ersten Busgruppen entgegen. Es wird Zeit, dass wir weiterkommen.

Unser Weg führt uns durch die Mitte Kretas erst in nördlicher Richtung und dann 30 km durch die breite Schwemmebene des Flusses Geropotamos nach Westen. Die Strecke in der Ebene ist schnell beschrieben – Olivenplantagen, Olivenplantagen und noch mehr Olivenplantagen.

Kreta - Ebene mit Olivenplantagen bei Moires
Kreta - Ebene mit Olivenplantagen bei Moires

Bei Moires biegen wir zur Küste ab und verbringen am Makria Ammos Strand eine nicht ganz so ruhige Nacht. Das liegt an dem Gebrumme eines großen Tankers, der an einer kleinen nur rd. 500 Meter vom Ufer entfernten Insel angelegt hat und sich an den dortigen Öltanks zu schaffen macht.

 

Nicht so die idyllische Umgebung die wir uns erhofft haben. Also fahren wir am nächsten Morgen zurück nach Moires. Dort suchen wir den Vodafone-Shop auf und wundern uns doch sehr über den – im negativen Sinn - „Marokkoflair“ dieses Ortes. Alles wirkt irgendwie usselig und es mieft nach allem Möglichen. Wenn man nicht extrem aufpasst, bricht man sich die Haxen, da Bürgersteige plötzlich mit Treppen überbaut sind, Löcher haben, Eisen rausstehen, usw. So schmal die Bürgersteige sind, so breit sind die Straßen. Allerdings werden diese beidseitig in Zweierreihen zugeparkt. Besser gesagt, das Fahrzeug wird abgestellt wo man gerade Lust hat. Rechts ran fahren – wozu das denn. Dazwischen dann kleine Tante Emma Läden aber auch schicke Bäckereien. In einer Fleischerei hängt das halbe Rind im, allerdings geschlossenen, Fenster – na ja, Marokkofeeling halt. Das Aufladen unseres Internet- und Telefonvolumens klappt aber anstandslos, allerdings müssen wir warten, bis auch die nach uns angekommenen griechischen Kunden bedient wurden. Wir hoffen nur, dass diese Stadt für Kreta nicht typisch ist.

 

Hört sich das alles genervt an? Ja - so fühle ich mich inzwischen auch. Wir fahren in das nur 14 km entfernte ehemalige Hippie-Dorf Matala. Auf dem großen und ziemlich leeren Parkplatz am Strand lassen wir uns nieder und beenden den Tag mit Badepause, Strandspaziergang und Katzenfüttern. Ok – jetzt geht es mir schon besser.

 

Aufgrund seiner Hippievergangenheit übt Matala immer noch eine große Anziehungskraft auf Touristen aus und ist Bestandteil fast jeder Bustour über die Insel. Dem entsprechend reiht sich am Strand eine Taverne an die nächste und in zweiter Baureihe gibt es jede Menge Andenkenshops. Momentan wirkt das Dorf aber sehr ausgestorben und die Bürgersteige sind hochgeklappt. Uns stört das nicht, dafür haben wir Parkplatz und Strand fast für uns allein.

Matala, Baum, Hippie, Gesichter

2011 wurde im Rahmen eines Hippie-Revival-Festes dieser abgestorbene Baumstumpf mit genialen Schnitzereien zu einem Kunstwerk umgeformt.

 

Die Ausstrahlung der Gesichter ist beeindruckend und es gibt immer wieder neue Details zu entdecken. Nachts wird der "Baum" angestrahlt und ich bin begeistert über das bei Tag und bei Nacht ausdrucksstarke Fotomotiv.

Matala, Baum, Gesichter

Matala Beach - auf der linken Seite die Steilwand mit den Höhlen.
Matala Beach - auf der linken Seite die Steilwand mit den Höhlen.

Aufgrund seiner Hippievergangenheit übt Matala immer noch eine große Anziehungskraft auf Touristen aus und ist Bestandteil fast jeder Bustour über die Insel. Dem entsprechend reiht sich am Strand eine Taverne an die nächste und in zweiter Baureihe gibt es jede Menge Andenkenshops. Momentan wirkt das Dorf aber sehr ausgestorben und die Bürgersteige sind hochgeklappt. Uns stört das nicht, dafür haben wir Parkplatz und Strand fast für uns allein.

 

Luftlinie rd. 1 km südlich liegt ein weiterer Strand (Kokkini Ammos). Aufgrund seines rostroten Sandes wird er „Red Beach“ genannt. Das hört sich nicht weit an, aber es sind rd. 100 Höhenmeter zu überwinden und das auf einem ziemlich speziellen Weg, der eigentlich mehr eine Erosionsrinne ist. Der Aufwand lohnt sich aber, denn der Strand ist wunderbar feinsandig, hat eine tolle Brandung und der Kontrast von rotem Strand zu weißer Steilklippe ist etwas ganz Besonderes. Am nördlichen Strandende vor der großen Steilklippe haben sich Steinmetze künstlerisch verewigt und je länger wir hinschauen, umsomehr Getier und Fabelwesen erkennen wir.

 

Wieder zurück am Matala Beach erkennen wir, dass es auch noch einen zweiten Weg über eine Treppenanlage im Dorf zum Red Beach gibt. Beim nächsten Mal werden wir diese austesten.

Red Beach bei Matala
Red Beach bei Matala

Nach zwei Tagen auf dem Strandparkplatz ziehen wir auf den direkt daneben liegenden Campingplatz um. Die Rezeption ist nicht besetzt und der Platz ist derzeit kostenfrei zu nutzen. Wasserversorgung und Sanitärgebäude sind vorhanden.

 

Mit einer der Hauptattraktionen in Matala sind die uralten Höhlen in der nördlichen Felswand des Matala Beach. Sie wurden bereits in der Jungsteinzeit in das poröse Gestein gegraben und dienten als Wohnhöhlen. In der Zeit der römischen Besetzung Kretas wurden sie als Grabstätten genutzt, was man ihnen heute noch deutlich ansieht. In den 1960er-Jahren ließen sich hier dann Hippies aus aller Welt nieder und nutzen die alten Höhlen als Wohnungen. Inzwischen stehen die Höhlen unter Denkmalschutz und können gegen ein Entgelt von 2 € besichtigt werden. Wer Wege und Geländer erwartet wird enttäuscht. Welche und wieviel der Höhlen man besichtigt hängt von den eigenen Kletterkünsten und der Trittsicherheit in der Steilwand ab.

Blick aus einer Höhle auf Matala.
Blick aus einer Höhle auf Matala.

Wir wählen für die Besichtigung einen eher bewölkten Tag und klettern von Höhle zu Höhle. Thomas natürlich ganz locker, aber ich komme an einer Stelle schon an meine Grenze. Vermutlich hätte es aber auch einen besseren Weg gegeben. Die unteren Höhlen haben eine sehr niedrige Decke, müffeln seltsam und haben eine irgendwie bedrückende Ausstrahlung. Je höher wir kommen, umso großzügiger werden die Höhlen und umso großartiger wird die Aussicht. Zumindest im Sommer muss das hier wirklich ein gutes Hippie-Leben gewesen sein.

 

Nicht nur auf die Hippies hat Matala eine besondere Anziehungskraft ausgeübt. Der Legende nach ging hier Zeus in Stiergestalt mit der entführten Prinzessin Europa an Land und nicht ganz so mythologisch landeten die Sarazenen im Jahr 824 auf Kreta und eroberten die Insel.

An einem sonnigen Tag machen wir uns wieder auf den Weg zum Red Beach und wählen diesmal den zweiten Weg, der fast am Ende des Dorfes mit Treppen steil bergan führt. Dann geht es fast auf einer Ebene bis zu dem Gatter auf der Bergkuppe. Dieser Weg ist wirklich wesentlich angenehmer zu gehen und eröffnet auch einen schönen Blick über die Bucht von Matala.

Matala, Meeresbucht, Küste, Kreta

 

Auf der anderen Seite ist der Abstieg zum Red Beach natürlich identisch mit dem uns bereits bekannten Weg. Der Red Beach ist wieder fast menschenleer und heute ist Brandungsbaden angesagt. Besser gesagt – die Brandung ist so stark, dass es mir schon zu heftig wird. Ich bleibe lieber in den etwas ruhigeren Uferbereichen und fotografiere Thomas, der die Brecher nicht scheut.

 

Die Kätzchen auf unserer Treppe sehen ja süß und niedlich aus – die Situation ist aber alles andere als nett. Hier auf Kreta kann man den Eindruck gewinnen, dass der natürliche Lebensraum einer Katze auf, in und unter Mülltonnen ist. Für die vielen wilden Katzen leider sogut wie der einzige Ort um an etwas Fressbares zu kommen.

Katzen Kreta

Die Kleinen auf dem Foto sind aber noch nicht in der Lage auf die großen Mülltonnen zu springen. Die sieben Tage, die wir in Matala verbringen, versorge ich die Bande mit Futter – aber was sind schon sieben Tage? Leider sind sie sehr scheu und lassen sich nicht anfassen. Etwas, was ihnen dass Leben auch nicht leichter machen wird.

 

Als wir den Platz verlassen und weiterfahren, fühle ich mich ziemlich mies. Da wir ein in der Nähe liegendes Eselsanktuarium besuchen wollen, nehme ich mir vor dort zu fragen, was man für die Kleinen tun kann. Leider hat der Eselgnadenhof aber im Winter geschlossen und so bleibt das Schicksal der Kätzchen ungewiss.

Wir machen noch einen Abstecher zum Kommos Beach. Nicht schlecht, aber bei dem starken Wind kein Ort, der zum Bleiben einlädt. Wir suchen uns einen kleinen Strand an der Südküste aus und fahren in die Berge. Hinter Antiskari geht die Straße aber in eine Piste über, der die Regenfälle der letzten Tage sehr zugesetzt haben. Nach rd. 4 km haben wir die Nase voll und kehren um. So nötig müssen wir dann diesen kleinen, namenlosen Strand dann doch wieder nicht erreichen. Also wieder die Strecke zurück bis Moires und dann fahren wir nach Westen bis nach Agia Galini. Das Küstenstädtchen ist recht nett, aber die Bereiche am Hafen wirken wie ein Geisterdorf. Kaum ein Laden hat geöffnet. Die Schiffe in Agia Galini liegen nicht nur im Hafenbecken vor Anker, sondern stehen auch auf dem Parkplatz im Trockendock. Wir stellen uns für eine Nacht einfach daneben.

Nächste Station ist der Finikidia Beach bei Agios Pavlos. Der Sandstrand geht im Bereich der Uferzone in ein Felsenriff über, das es bei etwas unruhiger See recht schwierig macht, heil ins und aus dem Wasser zu kommen. Sehr interessant ist der Spaziergang zu dem Felsentor auf den Klippen am westlichen Strandende. Besonders begeistern mich die interessanten Felsformationen dort oben, die aussehen, als ob jemand mit mehrfarbigen Felsschichten Origamifiguren falten wollte.

Felsformation, Felsschichten

Direkt daneben befindet sich eine ausgewaschene Steinbrücke, die reichlich instabil aussieht und auf der anderen Seite des Berges sind die Cape Melissa Sanddünen. Alles in allem eine interessante Landschaft und es macht Spass diese zu erkunden. Leider hat der Ort auch einen entscheidenden Nachteil für uns. Er hat keine Internetverbindung und da wir derzeit erreichbar seien müssen, entscheiden wir uns dazu weiterzufahren.

 

Auch der Mikri Triopetra Beach, den wir als nächstes anfahren begeistert uns nicht und so fahren wir weiter nach Westen. Mangels anderer Möglichkeiten geht es erst mal wieder weg von der Küste. In Spili schauen wir uns das Priesterseminarhaus Agios Rafail und den Löwenbrunnen an und gehen etwas durch den Ort. Aber auch hier sind 70% der Geschäfte geschlossen.

Cape Melissa Sanddünen
Cape Melissa Sanddünen
Patsos Schlucht

Spontan beschießen wir weiter ins Landesinnere zu der Patsos Schlucht zu fahren. Die Straßen sind breit und in recht gutem Zustand nur die Ortsdurchfahrten sind immer spannend. Hier wird dann selbst die Hauptstraße einspurig und man tut gut daran, die in die Fahrbahn ragenden Balkone im Blick zu behalten.

Am späten Nachmittag erkunden wir etwas die Schlucht und besichtigen eine kleine, an einen Hang gebaute Kapelle. Hier stehen etliche alte Krückstöcke, die von ihren dankbaren Besitzern zurückgelassen wurden, da ihre Gebete um Heilung wohl erhört wurden. Kleine Metalltäfelchen mit abgebildeten Armen, Beinen etc. verdeutlichen, in welchen Bereichen die Spender um Hilfe bitten.

Anschließend gehen wir zu einem Aussichtspunkt mit Blick über den Schluchteingang und anschließend über eine Brücke ein Stück in die Schlucht hinein.

Am nächsten Morgen hängen dicke Wolken am Himmel und damit hat sich die Frage nach einer Wanderung tiefer in die Schlucht hinein von alleine erledigt. Die Strecke zurück an Spili kennen wir ja schon und das ist auch gut so, denn heute fahren wir durch dichten Nebel und sehen rein gar nichts von der Landschaft um uns herum.

Kourtaliotis Schlucht

Auf dem Weg zur Küste fahren wir durch die Kourtaliotis Schlucht – ein sensationelles Panorama. Zu gerne würden wir an dem kleinen Steinbogen halten und zu den Wasserfällen hinabsteigen, aber gerade schütten die schwarzen Regenwolken ihren ganzen Inhalt über uns aus und da sehen wir lieber, dass war aus der Schlucht herauskommen.

In der Nähe von Lefkogia besuchen wir den Ammoudi Beach. Der Kiesstrand ist ganz nett, aber was wollen wir bei dem Wetter am Strand? Also fahren wir weiter die Küste entlang und ich kann so viele Regenbögen fotografieren wie noch nie. Kurz vor Hora Sfakion geht es etliche Serpentinen hinauf und wir fahren – mangels Alternativen - parallel zur Imbros Schlucht in die Berge. Die Einschusslöcher auf den Straßenschildern entlang dieser Strecke geben uns zu denken. Nicht ein Schild hat "überlebt" und was für ein Kaliber!

Auf unserem weiteren Weg überqueren wir Kreta von Süden nach Norden, fahren an Chania und Kissamos vorbei und erreichen die Sandstrände von Falasarna an der Westküste.

Am Ammoudi Beach
Am Ammoudi Beach